Änderung bei der Verzinsung von Steuerforderungen

Änderung bei der Verzinsung von Steuerforderungen

Bislang wurden Steuernachforderungen und Steuererstattungen gesetzlich mit monatlich 0,5 % ab dem 15. Monat verzinst. Dies hat nun ein Ende: Mit Beschluss vom 08.07.2021 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Verzinsung mit einem solch hohen Zinssatz verfassungswidrig ist.

Bisherige Verzinsung

Steuerforderungen wurden bisher gemäß § 233a der Abgabenordnung mit 0,5 % je Monat verzinst. Allerdings begann der Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums. Wurden also Altjahre erstmals veranlagt oder hat das Finanzamt einen älteren Bescheid geändert, löste dies regelmäßig hohe Zinsen aus.

Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger ist Teil einer Erbengemeinschaft, die Vermietungseinkünfte erzielt. Im August 2021 endet eine Betriebsprüfung dieser Gemeinschaft mit einer Steuernachzahlung von insgesamt 1.000 € für die Jahre 2015 – 2018.
Hier berechnet das Finanzamt zusätzlich 26,5 % Zinsen (01.04.2017 bis August 2021 = 53 Zinsmonate zu 0,5 %). Damit steht eine Gesamtforderung von 1.265 € ins Haus.

Das Urteil des BVerfG

Weil diese Zinshöhe nicht die aktuelle Realität am Kapitalmarkt widerspiegelt, hat nun das Bundesverfassungsgericht eingegriffen: Ab dem Jahr 2014 sind die Zinsen überhöht. Allerdings haben die Richter jedoch angeordnet, dass für Verzinsungszeiträume vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2018 die bisherigen Regelungen anwendbar bleiben. Eine Änderung für diesen Zeitraum ist nicht notwendig, weil dies eine Gefahr für eine verlässliche Finanz- und Haushaltsplanung des Bundes und der Länder sei.

Für Zinszeiträume ab 2019 ist der Zinssatz allerdings nicht mehr anwendbar und der Gesetzgeber muss hier für eine Neuregelung sorgen. Dies hat spätestens bis zum 31.07.2022 zu geschehen.

Veranlagungsstopp

Nachdem nun natürlich erst eine solche Neuregelung gefunden und ins Gesetz übernommen werden muss, können aktuell keine Bescheide erlassen oder geändert werden, die in einer Zinsfestsetzung enden. Daher ist in den meisten Fällen daher seitens der Finanzämter nicht mit einer Veranlagung zu rechnen. In verjährungsbedrohten Sachverhalten ergehen Bescheide ohne Zinsfestsetzung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Nachholung.

Wer auf eine Erstattung wartet, kann ebenfalls den Antrag stellen, diese zunächst ohne Verzinsung festzusetzen.

Rückforderung von Erstattungszinsen

Wenn eine entsprechende Neuregelung geklärt ist, werden gegebenenfalls Altbescheide in der Zinsfestsetzung geändert. Das heißt aber auch, dass die Finanzverwaltung entsprechend eine niedrigere Verzinsung von Erstattungen berechnen kann und diese dann per Bescheid zurückfordert.

Hier lohnt sich Gegenwehr, denn die Rechtslage ist hier noch nicht vollständig geklärt. Unter Umständen können Sie sich auf den Vertrauensschutz (§ 176 der Abgabenordnung) berufen. Bis zur Klärung lohnt sich also in diesen Fällen ein Einspruch.

Künftige Verzinsung

Ein Ausblick auf die Neuregelung ist derzeit nicht wirklich möglich und wäre ein Blick in die Glaskugel. Insbesondere da die Bundestagswahl unmittelbar ansteht und daher die künftige Besetzung des Bundesfinanzministeriums hier maßgeblichen Einfluss nimmt. Bei deutlich niedrigeren Zinssätzen wird jedoch auch eine deutlich kürzere bzw. gar keine zinsfreie Karenzzeit zu erwarten sein.

Bei Fragen und Hilfe rund um die Verzinsung stehe ich im Rahmen einer Mitgliedschaft im HILO e.V. selbstverständlich zur Verfügung und kümmere mich um die notwendigen Reaktionen, um das beste in Ihrer Steuersache herauszuholen.

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